Bis dass der Richter euch scheidet
Ehepaare geben sich regelmäßig bei der Eheschließung das Versprechen, miteinander verheiratet zu sein, bis dass der Tod sie scheide. Vielfach ist dieser Zeitraum jedoch zu lang. Durchschnittlich jede dritte Ehe wird geschieden.
Am Ende einer gescheiterten und nicht mehr funktionierenden Ehe steht fast immer die Scheidung. Dabei wissen die wenigsten, wie das Scheidungsverfahren vom Gang zum Rechtsanwalt bis zu einer rechtskräftigen Scheidung abläuft. Der Entschluss, sich von seinem Ehepartner zu trennen, ist an eine Vielzahl von Fragen und Formalitäten geknüpft. Sind Kinder von der Ehescheidung betroffen, müssen weitere Überlegungen vorgenommen werden.
Zu Beginn des Scheidungsverfahrens stellt sich für Scheidungswillige die Frage, ob hierfür ein Rechtsanwalt notwendig ist, und ob ein solcher beide Ehegatten in dem Scheidungsverfahren vertreten kann.
Oftmals suchen Ehegatten, wenn die Scheidung einvernehmlich erfolgen soll gemeinsam einen Rechtsanwalt auf. Im Scheidungsverfahren herrscht Anwaltszwang. Dies bedeutet, dass zumindest der Ehegatte, der die Scheidung beantragt, anwaltlich vertreten sein muss. Sofern die Scheidung zwischen den Ehegatten einvernehmlich erfolgt und keine Folgesachen wie Unterhalt zu regeln sind, kann hierfür die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ausreichend sein. Zu beachten ist jedoch, dass dieser immer nur einen Ehegatten vertreten kann. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Rechtsanwalt den Ehegatten, der die Scheidung beantragt, vertritt, im Übrigen bei einvernehmlicher Scheidung ein zweiter Rechtsanwalt nicht zwingend erforderlich ist. Dies stellt jedoch die Ausnahme dar. Ist die Scheidung nicht einvernehmlich bzw. stimmt ein Ehegatte der Scheidung nicht zu oder sollen neben der Scheidung auch Folgesachen geregelt werden, muss jede Partei getrennt anwaltlich vertreten sein.
Um die Familienstreitigkeit vor dem Familiengericht klären zu lassen, kann die Hilfe eines jeden Rechtsanwaltes in Anspruch genommen werden. Sobald es jedoch um die Feinheiten des Familienrechts geht, sollte ein Fachanwalt für Familienrecht zu Rate gezogen werden, der auf diesem Rechtsgebiet spezialisiert ist. Der Gang zum Rechtsanwalt ist für die Scheidung unerlässlich.
1. Ehescheidung
Die Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten vor dem Familiengericht geschieden werden.
Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist, d.h. wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. Das Gericht müsste eine Überprüfung des zerrütteten Eheverhältnisses vornehmen um feststellen zu können, ob die Ehe gescheitert ist und geschieden werden kann. Es wird jedoch in den seltensten Fällen einen so tiefen Einblick in das Eheleben der Ehegatten bekommen, so dass eine Überprüfung des zerrütteten Eheverhältnisses oftmals nicht möglich sein wird. Hierfür stellt das Gesetz zwei unwiderlegbare Grundsätze für das Scheitern der Ehe auf: Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben. Ebenfalls wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide die Scheidung wollen. Eine Scheidung unter einem Jahr Getrenntleben ist nur in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich, wenn die Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Getrenntleben
Die Ehe besteht nicht mehr und ist oftmals nicht wiederherzustellen, wenn die Ehegatten getrennt leben. Sie leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht wiederherstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Häufig zieht ein Ehegatte nach dem Auszug aus der Ehewohnung mit einem neuen Partner zusammen, so dass weder die häusliche Gemeinschaft mit dem Ehegatten besteht, noch davon auszugehen ist, dass die eheliche Lebensgemeinschaft wiederhergestellt wird.
Auch können die Ehegatten innerhalb einer Ehewohnung getrennt leben, wenn kein gemeinsamer Haushalt geführt wird und keine wesentliche persönliche Beziehung zwischen ihnen besteht. Erforderlich hierfür ist, dass Tisch und Bett der Ehegatten getrennt sind. In diesem Fall sind jedoch Nachweise bei Gericht zu erbringen, die belegen, dass trotz gemeinsamen Zusammenlebens keine häusliche Gemeinschaft besteht und die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnen.
Scheidung
Die Scheidung kann einvernehmlich oder streitig erfolgen. Eine einvernehmliche Scheidung liegt vor, wenn beide Ehegatten einen Scheidungsantrag stellen oder einer dem Antrag des anderen zustimmt. In diesem Fall kann die Ehe nach dem einjährigen Trennungsjahr geschieden werden. Stimmt ein Ehegatte dem Scheidungsantrag des anderen nicht zu und möchte dieser die Scheidung nicht, liegt eine streitige Scheidung vor. Die Ehe kann nach Trennung für mindestens drei weitere Jahre bestehen bleiben, wenn nicht ein Zerrüttungsnachweis vom scheidungswilligen Ehegatten erbracht wird. Die Ehe gilt nach drei Jahren Getrenntleben als unwiderlegbar gescheitert und kann zu diesem Zeitpunkt ohne Nachweis geschieden werden. Nach Ablauf der drei Jahre Getrenntlebens wird die Ehe allein auf Antrag eines Ehegatten geschieden, unabhängig davon, ob der andere Ehegatte dem Scheidungsantrag zustimmt.
Scheidungsfolgen
Mit dem Entschluss sich scheiden zu lassen, haben die Ehegatten die Möglichkeit eine Vielzahl von rechtlichen Folgen zu klären. Es kann sich die Frage nach dem Namensrecht, nach dem Versorgungsausgleich, nach dem Zugewinn, nach dem Unterhalt, der Ehewohnung und dem Hausrat stellen. Sofern Kinder von der Ehescheidung betroffen sind, kann sich ebenfalls die Frage nach dem Sorgerecht, Umgangsrecht und dem Kindesunterhalt stellen. Auch im Hinblick auf gemeinsame Schulden kann es sinnvoll sein, Regelungen zur Rückzahlung zu treffen. Weiterhin entfällt bei der Scheidung das gesetzliche Ehegattenerbrecht. Die Scheidung hat daher auch erbrechtliche Folgen.
2. Ablauf des Scheidungsverfahrens
Sobald ein Ehegatte die Scheidung einreichen möchte, muss er einen Rechtsanwalt beauftragen. In einem Beratungsgespräch mit dem Rechtsanwalt werden Inhalt und Formalien für die Scheidung und das Scheidungsverfahren besprochen. Hier sollten bereits das Familienbuch und etwaige Geburtsurkunden der Kinder mitgebracht werden. Für vermögenslose Personen kann in dem Verfahren vor dem Familiengericht auch ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt werden.
Zuständig für Familiensachen wie die Ehescheidung ist grundsätzlich das Familiengericht des Bezirkes, in dem die Ehegatten wohnen. Schwieriger wird es, wenn ein Ehegatte in einen anderen Gerichtsbezirk gezogen ist.
Der Rechtsanwalt fertigt nach dem Besprechungstermin den Scheidungsantrag und reicht diesen beim Familiengericht ein. Dies kann bereits einige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres erfolgen, da das Trennungsjahr zum Zeitpunkt des Stellens des Scheidungsantrages vor dem Richter in der mündlichen Verhandlung eingehalten sein muss. Der Scheidungsantrag wird dem anderen Ehegatten von Gerichts wegen zugestellt. Dieser hat die Möglichkeit innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist zu der Antragsschrift Stellung zu nehmen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte er sich einen Rechtsanwalt nehmen, der seine Interessen in Bezug auf Scheidung und Scheidungsfolgen frühzeitig wahrnimmt. Je früher die Beauftragung erfolgt, desto eher kann die rechtliche Beratung auch wirksam eingreifen.
Des Weiteren übermittelt das Familiengericht beiden Ehegatten einen Fragebogen zur Ermittlung der Anrechte zum Versorgungsausgleich. Dieser gehört zwingend zu einer Ehescheidung und führt zur Teilung aller während der Ehe erworbenen Ansprüche auf Altersvorsorge. Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren wird der Versorgungsausgleich nur durchgeführt, wenn ein Ehegatte dies beantragt, bei einer längeren Ehezeit erfolgt die Durchführung ohne Antrag. In der Regel findet eine hälftige Aufteilung der Anrechte zum Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten statt, sofern keine Vereinbarung über einen Verzicht oder über eine andere Verteilung getroffen wird. Eine solche Abweichung von den gesetzlichen Regelungen kann jedoch nur getroffen werden, wenn beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind. Die Ehegatten sind gesetzlich verpflichtet, den Fragebogen zur Ermittlung der Anrechte zum Versorgungsausgleich sorgfältig auszufüllen. Die jeweils von den Ehegatten beim Familiengericht eingereichten Unterlagen zum Versorgungsausgleich werden dem anderen Ehegatten zur Kenntnisnahme übersandt.
Nach dem schriftlichen Verfahren zur Scheidung und zum Versorgungsausgleich bestimmt das zuständige Familiengericht einen Scheidungstermin, bei dem die Ehegatten persönlich erscheinen müssen. In dem Termin werden sie zur Frage des Scheiterns der Ehe gehört. Sodann wird die Ehe durch das Familiengericht geschieden, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Scheidung wird rechtskräftig, wenn die geschiedenen Ehegatten nicht innerhalb einer Frist von einem Monat Beschwerde dagegen einlegen. Sind beide Ehegatten anwaltlich vertreten, kann die Scheidung sofort rechtskräftig werden, wenn auf das Rechtsmittel der Beschwerde verzichtet wird und keine Folgesache rechtshängig gemacht wird. Ein Verzicht ist nur bei anwaltlicher Vertretung möglich. Werden weitere Folgesachen vor Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses rechtshängig gemacht, ist über Scheidung und Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden.
3. Kosten der Scheidung
Mit Einreichung des Scheidungsantrages fallen Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten an. Diese sind durch das Gesetz vorgegeben. In der Regel werden die Kosten im Scheidungsbeschluss aufgehoben. Dies bedeutet, dass jeder Ehegatte seine Rechtsanwaltskosten trägt, die Gerichtskosten tragen die Ehegatten hälftig. Bei der Berechnung der Höhe der Kosten kommt es darauf an, ob die Ehe lediglich geschieden wird oder ob auch Regelungen über die Scheidungsfolgen zu treffen sind.